
Ein Tarifwechsel in den Standardtarif ist ein großer Fehler
Herr Ferrarese, der Versicherer bietet
seinen langjährigen PKV Kunden gerne an,
in den Standardtarif zu wechseln. Ist ein solcher Tarifwechsel schlau?
Der Standardtarif ist zwar oft recht günstig, aber mit äußerst
schlechten Leistungen und oft mit großen Schwierigkeiten verbunden,
einen guten Behandler zu finden. Bei Verstand kann man niemandem
raten, aus einer vernünftigen Krankenvollversicherung in den
Standardtarif zu wechseln. Das damit aufgegebene Leistungsniveau
bekommt man meist nicht wieder. Und wer meint, er würde im
Standardtarif behandelt, als wäre er in der GKV, wird sich wundern, ärgern, und viele Kosten selber tragen.
Das heißt Privatversicherte sollten sich mit hohen Beiträgen abfinden, weil ein
günstiger Tarif immer mit geringeren Leistungen einher geht? Geringer
Beitrag bedeutet doch wohl geringe Leistungen?
In der Tat ist dieser Gedanke naheliegend.
Er entspricht aber nicht der
Realität in der privaten Krankenversicherung
(PKV). Hier muss sich die
Prämie aufgrund gesetzlicher Vorgaben
ausschließlich aus den beanspruchten
Leistungen der im jeweiligen
Tarif Versicherten ergeben.
Wozu führt das?
Leistungsstarke Tarife mit überdurchschnittlich
vielen gesünderen Kunden
bleiben günstig, während auch
leistungsschwächere Tarife mit
überdurchschnittlich vielen
kränkeren Versicherten immer
teurer werden. Für langjährig
Versicherte in teuren Tarifen gilt
daher nahezu immer: Ihr Versicherer
hat einen gleichwertigen, aber
deutlich günstigeren Tarif, in den sie
wechseln können.
Wieso sollte der Versicherer
großzügig sein und den Tarifwechsel
zulassen, wenn langjährige Kunden
de facto nicht mehr zur Konkurrenz
wechseln können?
Die Antwort ist, dass es gar keiner
Zustimmung des Versicherers bedarf.
Denn der Gesetzgeber gibt jedem
PKV Kunden mit § 204 VVG
(Versicherungsvertragsgesetz) das
Recht, in jedem Alter und auch mit
Vorerkrankungen in einen gleichartigen
Tarif seines Versicherers zu
wechseln, d.h. von einem Krankenversicherungs-Tarif
in einen anderen
Krankenversicherungs-Tarif. Dieses
Recht kann und sollte
genutzt werden, um –
auch gegen die Interessen des
Versicherers – den Vertrag in einen
gleichwertigen und zugleich
günstigeren Tarif umzustellen und
so der Kostenfalle zu entkommen.
Wieso kann man sicher sein, dass
der neue Tarif in Zukunft nicht
genauso oder gar stärker erhöht
wird?
Die Tarife entwickeln sich bei ein und
demselben Versicherer systematisch
unterschiedlich, weil der Versicherer
Selektionsanreize gesetzt hat. Zum
Beispiel dafür, dass Gesunde eher in
neu aufgelegte Tarife gebracht werden
als Kranke. Oder dass Gesunde
uneingeschränkt in leistungsstarke
Tarife wandern, die Kranken
hingegen Leistungen „abspecken“.
Oder Gesunde eher höhere
Selbstbehalte wählen, während
Kranke meinen, ein niedriger
Selbstbehalt sei das Richtige für sie.
Diese Systematiken führen dazu,
dass einige Tarife teuer werden,
andere nachhaltig günstig bleiben.
Und was tun, wenn der Versicherer
abweisend reagiert, wenn man als
langjähriger Kunde das Thema
Tarifwechsel anspricht? Und eben zum Beispiel den Standardtarif anbietet?
Vergleichbare Leistung für weniger
Beitrag liegt nicht im Interesse des
Versicherers. Durch eine Vertragsumstellung
sind für den Kunden oft
Ersparnisse von einigen tausend Euro
im Jahr möglich. Es sollte also nicht
verwundern, wenn der Versicherer
desinteressiert reagiert. PKV Kunden
sind daher gut beraten, einen sachverständigen,
aktuariellen Berater mit dem
Tarifwechsel zu beauftragen. Dieser
ermittelt einen beitragsgünstigeren Tarif
mit vergleichbarem Leistungsumfang, der auch
für die zukunft geringere Beitragserhöhungen
erwarten lässt und kümmert sich um die
ordnungsgemäße Vertragsumstellung.
Und: Wechseln Sie nicht in den
Standardtarif - einmal aufgegebenen Leistungen
sind in der PKV meist unwiederbringlich verloren.
Besteht nicht die Gefahr, dass nach
dem Tarifwechsel der Versicherer
die vorgelegten Rechnungen
weniger kulant erstattet?
Nein. In der PKV wird strikt nach den
tariflichen Erstattungsansprüchen
reguliert. Erstattungen aus Kulanz
sind verschwindend gering. Sie
betragen in einem Jahr in der
Regel weniger als 0,5 Promille
der erstatteten Leistungen.
Herr Nicola Ferrarese ist Inhaber der Minerva KundenRechte GmbH.
Als unabhängiger aktuarieller Berater stellt Minerva KundenRechte einen Aktuariellen Tarifwechsel-Service bereit, der genau auf die Interessen und die Bedürfnisse von langjährig privat-krankenversicherten Kunden zugeschnitten ist.
Weitere Informationen: Minerva KundenRechte
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